In Mexiko ist es üblich, wenn man ein bis drei Stunden später zu einem Treffen kommt (hat man mir erzählt). Aber daraus gleich den Schluß zu ziehen, dass Pünktlichkeit in Mexiko keine Bedeutung hat, erscheint mir voreilig.
Dass es komplett irrelevant ist, ob jemand eine Verabredung einhält oder nicht, kann ich mir nicht vorstellen. Was ist nämlich, wenn ich fünf oder sieben Stunden zu spät komme, oder erst am nächsten Tag? Ab wann gilt man auch in Ländern mit flexiblerer Interpretation als unpünktlich?
Wenn es eine Toleranzgrenze gibt, handelt es sich doch nur um graduelle Unterschiede zwischen Mexiko und Österreich (als Beispiel).
Bei uns wird Unpünktlichkeit als Respektlosigkeit gegenüber der Zeit des anderen empfunden. Ein nachvollziehbarer Standpunkt. Andererseits: wenn ich meine eigene Zeit mehr als die der anderen respektiere, und wenn ich meine Dinge in meinem Tempo erledige, kann es schon mal vorkommen, dass ich dadurch unpünktlich bin. Jemand, der dafür Verständnis aufbringt, würdigt meine Zeit mit Respekt.
Da ich selber Wartezeit als Zeitgeschenk empfinde, geniesse ich unerwartete freie Zeiten und finde mir eigentlich immer eine sinnvolle Beschäftigung. Mit Smartphone, Buch, Kamera und Notizblock eingesteckt, kann es mir nie und nirgends langweilig werden. Falls ich zu spät zu einem Treffen kommen würde, und die andere Person dreht Däumchen und ist ungeduldig, wundere ich mich, warum sie die Zeit nicht wie ein erwachsener Mensch sinnvoll genutzt hat.
Aber das nur so nebenbei und übertrieben formuliert … im Grunde bin ich sehr bestrebt, meine Verabredungen pünktlich einzuhalten.