Rechter Traditionsball 2014

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Polizisten, reihenweise

Empfehlung über Lautsprecher vor Beginn in Wien Mitte: „Folgende Telefonnummer notieren, falls ihr verhaftet werdet: 0043xxxx.“ Ähm, die internationale Vorwahl? Und der Hinweis: „Nur Arschlöcher saufen auf Demos.“ Für Dosenbierproduzenten war’s aber trotzdem ein gelungener Abend.

Eine pinke Truppe mit Trommeln und Ähnlichem macht Stimmung. Besonders in der Kälte angenehm, wenn man tanzen kann!

„This is what democracy feels like!“

Am Hof wurde ein Polizeiauto mit Pflastersteinen stark beschädigt, in der kaputten Glastür zum Kommissariat stecken noch Baustellen-Verkehrszeichen. Ich höre, dass etliche Schaufenster am Graben eingeschlagen wurden. Verärgerung und Bedauern. Diese Gewalt zerstört unseren Ruf. Wir, die friedlich demonstrieren.

„Unsere Polizisten
schützen die Faschisten!“

Sachlich korrekte Aussage. Wurde mehrmals auf Demo gerufen.

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In der Löwelstraße wird laut Twitter und Telefon eingekesselt. Also hin, vielleicht kann man was dagegen tun. Man kann zum Beispiel von hinten an der Polizei vorbei und dann feststellen, dass man nun selber eingekesselt ist.
Zwischen den Demonstrierenden steht eine Doppelreihe Polizisten Rücken an Rücken. Es wird ein bißchen gepöbelt und gerangelt. Eine Schrecksekunde, als ich das Gefühl habe, dass sich viele andere plötzlich in meine Richtung begeben. Ach, so entstehen wahrscheinlich Massenpaniken! Aber ich hatte mich geirrt.
Es wird gesudert und gesungen: „Geh, lasst’s uns durch, des warat leiwand!“ Oder so ähnlich. Definitiv aber genauso wienerisch.

So viele Menschen mit Kameras und Smartphone am Filmen. Wenn es den Journalist*innen schon schwer gemacht wird, dann kommen eben die Amateure und dokumentieren! Auch die Uniformierten haben immer ihre Kameramänner dabei.

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Sollte das nicht korrekterweise der Akademiker-und-Strache-Ball heißen?

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Eines von fünf Toren ist für die Ballgäste des „Akademikerballes“ geöffnet. Immer noch ein Fünftel zuviel.

Am Heldentor steht eine Reihe Polizisten, davor einige Grüppchen Demonstrierender. Die uniformierte Reihe kommt näher, ich soll auf den Gehsteig rauf, wenn ich da bleiben will. Ich will nur kurz dableiben (kalte Zehen) und gehe ums Ende der Kette herum und weiter. Zwischen Heldentor oder dem Gittertor vor dem Weltmuseum warten besetzte Taxis. Ballbesucher*innen steigen aus, zwei junge Herren gehen zum Heldentor, einige andere gehen beim Museum rein. Ich gehe zu den Polizisten an diesem Tor und frage, ob das sein kann, dass überall demonstriert wird und hier gehen die Ballbesucher rein? Kein Kommentar. Aber das waren jetzt ja doch wohl Ballgäste? Ja.

Ich gehe den Ring weiter bis Höhe Goethe-Denkmal, wo eine Absperrung ist. Als ich in der Straßenmitte nach einem durchgelassenen Polizeiwagen hinters Gitter gehe, teilt mir ein Polizist mit, dass ich zurück und Richtung Schillerplatz, ums Haus herum gehen muss. Das ist ja wohl ein Scherz? Ich gehe in die richtige Richtung, aber auf der falschen Seite zwischen Gitter und Polizisten bis zum Hauseck. Vor der Moet Champagner-Bar des Hotel Le Meridien stehen haufenweise Polizisten mit Kaffee in Pappbechern herum, die Plexiglasschilder lehnen an der Mauer.

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Pause vor der Moet-Champagner-Bar. Im Bus waren aus den Bundesländern herangekarrte Polizisten.

So gut wie niemand am Ring bis zum Schwarzenbergplatz. Vereinzelt Leute, in den Seitengassen Polizisten an den Absperrungen, einige Taxis (eines mit geworfener oranger Farbe am Seitenfenster).

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Ich stelle mir gerade vor, wie das wäre, wenn die Rechten kein Taxi in Wien kriegen könnten, um zu ihrem Ball zu kommen. Zivilcouragierte Taxler, die sich dieses Geschäft entgehen lassen. Aber aus politischer Überzeugung und nicht weil sie Angst um ihren Mercedes haben.

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Ein Buchstabe zu spät gedrückt: Die zweite Zeile gehört zur Laufschrift „*derzeit kein Fahrbetrieb*“

Am Schwarzenbergplatz will ich in den 71er einsteigen, der noch seine Schleife vor der Endstation ziehen muss. Ich gehe durch die Absperrung bei den Gleisen und werde von einem Wiener Linien-Mensch vom Einsteigen abgehalten: „Da ist Platzverbot.“
Hm, vielleicht hätte ich den Aufenthalt innerhalb der menschenleeren Sperrzone doch noch hinauszögern können? Einzigartiges Gefühl allemal.

Infoscreen in der Straßenbahn schreibt über das Vermummungs-, Journalisten- und Platzverbot sachlich korrekt:

„Der Heldenplatz gehört ausschließlich den Gästen der FPÖ.“

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